Etwa 35 Neubauten für Gewerbe, Dienstleistung, Technologiefirmen und für Wohnen werden auf dem Pfaff-Gelände errichtet. Sie ersetzen die ehemaligen einstöckigen Produktionsgebäude. Hierzu werden auf den Baufeldern des Pfaff-Geländes die ehemaligen Gebäude nach und nach abgerissen, der Boden saniert und die Grundstücke erschlossen. Im Jahr 2024 wurde mit der Vermarktung der ersten Neubaugrundstücke begonnen. Damit das Gesamtquartier auch in der Praxis klimaneutral wird, wurden für die Neubauten verschiedene Anforderungen entwickelt.
Anforderungen an Neubauten
Beschreibung
Von den bestehenden Gebäuden im Pfaff-Quartier wurden die quartiersprägenden Gebäude wie das alte und das neue Verwaltungsgebäude, die Pforte und das alte Kesselhaus saniert. Die sanierten Gebäuden bilden mit der Energiezentrale das Reallabor, in dem im Rahmen des Projektes EnStadt:Pfaff innovative Technologien zur Erreichung der Klimaneutralität demonstriert und erprobt werden.
Mit dem ehemaligen Speisesaal und dem sogenannte Hansabau sollen zwei weitere Gebäude erhalten bleiben, wenn sich interessierte Eigentümer finden. Die sonstigen einstöckigen Produktionsgebäude wurden bzw. werden abgerissen und der Boden, auf dem sie standen, von den Schadstoffen aus der Produktion saniert und von Kampfmitteln geräumt. Sie machen damit Platz für den Neubau von etwa 35 Wohn- und Nichtwohngebäuden.
Damit die Klimaneutralität im Quartier erreicht wird, sollten die Neubauten folgende Bedingungen erfüllen, die teilweise vorgegeben sind, teilweise aber auch freiwillig von den Eigentümerinnen und Eigentümern umzusetzen sind.
Leitbild Pfaff-Quartier
Im Rahmen des Projektes EnStadt:Pfaff wurde ein Leitbild entwickelt, das die Vision für ein zukunftsorientiertes und klimaneutrales Pfaff-Quartier mit hoher Lebensqualität beschreibt. Darin werden die Themen Arbeiten und Leben, Gebäude, Energie, Mobilität, Digitalisierung sowie Beteiligung und Bildung behandelt. Das Leitbild wurde vom Stadtrat mit dem Bebauungsplan im Jahr 2020 verabschiedet. Die Bauherren sind aufgefordert, sich daran zu orientieren.
Hohe Gebäudeeffizienz
Im Pfaff-Quartier ist in Bezug auf die Energieeffizienz der bundesweite Standard zu erfüllen. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) fordert seit dem 1. Januar 2023, dass Neubauten einen Jahres-Primärenergiebedarf aufweisen, der maximal 55 % des Bedarfs eines Referenzgebäudes beträgt. Damit hat die Bundesregierung die EU-Gebäuderichtlinie umgesetzt, die fordert, dass ab dem Jahr 2021 alle neuen Gebäude annähernd Null-Energie-Gebäude sind („nearly zero-energy-buildings).
Die Neubauten entsprechen somit mindestens einem KfW Effizienzhaus (EH) 55 (das Referenzgebäude des GEG entspricht dem KfW EH 100). Wird freiwillig der verbesserte KfW EH 40 Standard umgesetzt, liegt der Primärenergiebedarf 27 % niedriger. Die KfW fördert Neubauten nach dem EH 40 Standard mit zinsgünstigen Darlehen, wenn zusätzlich Anforderungen an die Nachhaltigkeit erfüllt werden (Stand 2024). Auch weitergehende Effizienz-Standards bis zum Passivhaus sind möglich.
Die Klimaneutralität wird in allen Fällen erreicht, da sich bei geringerer Effizienz nur die Menge der importierten Energie erhöht und diese langfristig klimaneutral bereitgestellt wird. Allerdings erhöht sich bei höherer Effizienz der Selbstversorgungsgrad mit vor Ort erzeugter erneuerbarer Energie.
Klimaneutrale Energieversorgung
Das Quartiersenergiekonzept sieht vor, die vorhandenen Potenziale zur Solarstromerzeugung im Quartier möglichst vollständig auszunutzen. Allerdings besteht auch der Bedarf, Gründächer zu installieren, um Retentionsvolumen bereitzustellen und möglichen Starkregen aufnehmen zu können. Deshalb wurde im Bebauungsplan eine Solargründachpflicht aufgenommen. Auf allen Flachdächern mit mindestens 20 m² Dachfläche müssen Gründächer und Photovoltaikanlagen installiert werden mit einer PV-Modulfläche, die mindestens 45 % der Dachfläche entspricht (Kapitel 1.14 Textliche Festsetzungen Bebauungsplan). Erläuterungen finden sich im Solarleitfaden.
Die Wärmeversorgung im Quartier erfolgt über die Nahwärme, die aus dem Rücklauf der städtischen Fernwärme versorgt wird. Der Wärmeversorger SWK hat in den letzten Jahren den Primärenergiefaktor deutlich gesenkt und erarbeitet im Jahr 2025 mit der Stadt einen kommunalen Wärmeplan, um die weitere Dekarbonisierung voranzutreiben. Im Quartier wird die Abwärme aus der Kältemaschine des MVZ ins Wärmenetz eingespeist. Wenn verfügbar, sollen künftig weitere Abwärmequellen im Quartier genutzt werden. Die Grundstückskaufverträge enthalten eine Verpflichtung zum Anschluss der Neubauten an das Nahwärmenetz zur Versorgung mit Wärme.
Seit dem 1. Januar 2024 muss die Wärmebereitstellung in Neubauten nach § 71 GEG (Gebäudeenergiegesetz) zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien erfolgen. Durch den Anschluss an das Nahwärmenetz ist diese Forderung ersatzweise erfüllt. Der Wärmenetzbetreiber ist verpflichtet, den Anteil erneuerbare Energien im Wärmenetz bis zum Jahr 2030 auf mindestens 30 % und bis zum Jahr 2040 auf mindestens 80 % zu steigern.
Stellplatzsatzung
Mit dem Bebauungsplan wurde eine Stellplatzsatzung beschlossen, die einen reduzierten Stellplatzschlüssel für die Neubauten vorsieht, um das Ziel eines autoarmen Quartiers zu unterstützen. Sie ist Teil des Mobilitätskonzeptes für das Quartier. Verbesserte Mobilitätsangebote im Quartier, z.B. die Bereitstellung von Mobilitätsstationen ermöglichen eine gute Mobilität. Die Stellplatzsatzung regelt, dass ein Teil der Kosteneinsparungen für die nicht erforderlichen Tiefgaragenstellplätze an die Stadt als Stellplatzablöse abgeführt wird, die diese zweckgebunden für verbesserte Mobilitätsangebote verwenden muss.
Elektromobilität
In der Quartiersplanung wurde davon ausgegangen, dass künftig annähernd alle Fahrzeuge im Quartier Elektrofahrzeuge sein werden. Der Energieversorger SWK hat die Planung der Transformatoren daran ausgerichtet. Im öffentlichen Raum sind E-Mobil-Ladesäulen und am Quartierseingang eine Schnelllade-Station für E-Fahrzeuge vorgesehen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens EnStadt:Pfaff wird die Nutzung von bidirektionalem Laden untersucht, bei dem E-Fahrzeuge zeitweise einen Teil des Stroms aus der Autobatterie in das Stromnetz zurückspeisen, um dieses zu entlasten.
Monitoring Klimaneutralität
Im Rahmen des Forschungsprojektes EnStadt:Pfaff wird die erfolgreiche Umsetzung des Konzeptes zur Erreichung der Klimaneutralität gemonitort. Hierzu werden von allen Gebäuden im Quartier die Energieverbrauchsdaten gemonitort und eine Energiebilanz erstellt, die online bereitgestellt und kontinuierlich aktualisiert wird. Die Eigentümerinnen und Eigentümer der Gebäude sind gebeten, die Messung der Energiedaten zu ermöglichen.
Gestalterische Vorgaben
Um eine hohe architektonische Qualität im Quartier zu erreichen, wurde von den Büros ASTOC Mess im Auftrag der Stadt ein Gestaltungshandbuch erarbeitet und mit dem Bebauungsplan verabschiedet. Dieses gibt Gestaltregeln für den Freiraum wie die Gebäude vor, z.B. die Gestaltung der Fassaden. Seine Einhaltung ist verpflichtend und wird im Rahmen des Grundstückskaufvertrags vereinbart.
Daten und Fakten
| Neubau im Pfaff-Quartier | |
|---|---|
| Anzahl Projekte | ca. 35 Neubauten |
| Brutto-Geschossfläche | ca. 150.000 m² |
| Grundflächenzahl (GRZ) | 0,6 – 0,8 (Flächenanteil eines Baugrundstücks, der überbaut werden darf) |
| Geschossflächenzahl (GFZ): | 1,8 – 3,0 (Verhältnis der gesamten Geschossfläche der Gebäude zur Fläche des Baugrundstücks) |
| Bebauungsplan | seit September 2020 rechtskräftig |
Ergebnisse
Für die Neubauten im Pfaff-Quartier hat die Stadt Kaiserslautern verschiedene Vorgaben entwickelt, um die Klimaneutralität im Quartier erreichen zu können. So wurde im Bebauungsplan eine Solargründachpflicht aufgenommen, um die Dächer möglichst vollumfänglich für die Solarenergieerzeugung zu nutzen. Eine Stellplatzsatzung legt einen reduzierten Stellplatzschlüssel und eine Stellplatzablöse fest, die zur Finanzierung von alternativen Mobilitätsangeboten genutzt wird. Die Verpflichtung zum Anschluss an die Nahwärmeversorgung wird in den Kaufverträgen festgelegt. Die einheitliche Gestaltung der Gebäude und ihrer Fassaden gibt das Gestaltungshandbuch vor. Darüber hinaus wird um die Bereitstellung von Daten für das Monitoring der Energieversorgung gebeten.
Ein wichtiger Baustein zur erfolgreichen Umsetzung des Quartiers ist die Bereitstellung eines Leitbildes. Dieses beschreibt, was unter einem zukunftsorientierten und klimaneutralen Quartier mit hoher Lebensqualität verstanden wird. Die Investorinnen und Investoren sind gebeten, sich daran zu orientieren.
Mit den von der Stadtverwaltung mit Unterstützung aus dem Projekt EnStadt:Pfaff erarbeiteten Rahmenbedingungen sind gute Grundlagen gelegt, um das klimaneutrale Quartier in der Praxis zu erreichen.
Erkenntnisse
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Die Klimaneutralität muss frühzeitig in die Quartiersentwicklung integriert werden, um ein stimmiges Gesamtkonzept zu erarbeiten, d.h. mit Beginn der Entwicklung des Bebauungsplans
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Um in der praktischen Umsetzung die Klimaneutralität zu erreichen, sind sowohl verpflichtende Maßnahmen als auch freiwillige Appelle erforderlich
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Ein Leitbild ist ein wichtiges Instrument, um eine gemeinsame Vorstellung für das angestrebte Quartier zu konkretisieren, an dem sich die verschiedenen Akteure orientieren können.
Links
Download
Damit ein Quartier tatsächlich klimaneutral wird, braucht es zwei Dinge:
Die Städte müssen die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und die Investorinnen und Investoren müssen ihre Gebäude entsprechend umsetzen.
Hauptautor: Gerhard Stry-Hipp, Fraunhofer ISE
Mitautorinnen: Bettina Dech-Pschorn, Diana Neubert, Stadt Kaiserslautern