Die Pfaff-Quartier Energiezentrale wird mit einer PV-Fassade mit MorphoColor®-Beschichtung ausgestattet. Das Gebäude befindet sich in denkmalgeschütztem Umfeld, weshalb es wichtig war, einen Baukörper mit zukunftsweisender Ausstrahlung zu schaffen, der sich gleichzeitig harmonisch in das historische Ensemble einfügt. Dies gelang unter anderem durch eine PV-Fassade mit der innovativen MorphoColor® Farbtechnologie in charakteristischem “Pfaff-Rot”.
PV-Fassade mit MorphoColor®-Beschichtung
Eine innovative Beschichtung ermöglicht farbige PV-Module mit hoher Effizienz.
Das Projekt
Hintergrund
Farbige Photovoltaik (PV)-Module können die Gebäudearchitektur beleben und Fassaden ästhetisch und modern wirken lassen. Gleichzeitig ermöglichen sie auch, wie hier in der Energiezentrale, die für das historische Gebäudeumfeld typische Farbgebung aufzunehmen und neu zu interpretieren.
Um sogenannten bauwerkintegrierten PV-Modulen (BIPV-Module) eine ansprechende Optik zu verleihen, gibt es bereits mehrere Ansätze, um Solarzellen zu färben oder als solche möglichst nicht wahrnehmbar zu gestalten.
Dies ging jedoch bislang meistens mit einer deutlichen Reduzierung des elektrischen Wirkungsgrades einher. Denn sowohl organische Solarzellen, deren Material ebenfalls eingefärbt werden kann, als auch kristalline Siliziummodule, deren Deckgläser durch Bedruckung farbig gestaltet werden können, weisen gegenüber typischen kristallinen Siliziummodulen deutliche Effizienzeinbußen auf.
Hoch effiziente MorphoColor®-Technologie
Diesen bisherigen Nachteil von farbigen PV-Modulen hat das Fraunhofer ISE mit einer Innovation beseitigt.
Gemeinsam mit Industriepartnern hat es die Farbbeschichtung MorphoColor® zur Marktreife entwickelt und patentieren lassen. Die neue Technik ermöglicht individuell wählbare Farben und verschafft somit Architekten und Bauplanern viel gestalterischen Spielraum.
MorphoColor® Module zeichnen sich durch gesättigte Farben, matte oder metallisch glänzende Oberflächen sowie einen reduzierten Blendeffekt aus.
Die Effizienz von MorphoColor®-Modulen ist für den Bausektor einzigartig: Verglichen mit einem unbeschichteten schwarzen Referenzmodul liegt die Solarstromerzeugung bei MorphoColor®-Modulen nur etwa 7 % niedriger. Bei anderweitigen PV-Modulen kann der Solarstromertrag dagegen um 30 % reduziert sein.
Schichtaufbau
Die MorphoColor®-Schicht ist eine photonische 3D-Struktur aus dielektrischen Materialien, deren Design vom Morpho-Schmetterling inspiriert wurde. Ihr spezieller Schichtaufbau ermöglicht eine sehr hohe Farbsättigung und Farbhomogenität sowie eine außergewöhnlich gute Winkelstabilität unter verschiedenen Betrachtungsrichtungen.
Diese Struktur kann großflächig hergestellt werden und lässt sich einfach in den Produktionsprozess integrieren, da lediglich ein entsprechend vorprozessiertes Deckglas für die PV-Module verwendet werden muss.
Die Solarzellentechnologie hinter der Farbschicht bleibt dabei unsichtbar.
| Daten PV-Module mit MorphoColor®-Beschichtung | |
|---|---|
| Farbe: | Morpho rot |
| Typ Solarzellen: | Megasol RearCon M6 Half-cut |
| Frontglas: | TVG 4,0 mm |
| Busbars: | Unsichtbar (rückseitig) |
| Verkapselungsmaterial: | EVA |
| Rückseitenglas: | TVG 4,0 mm |
| Moduldicke: | 9,5 mm ± 2 mm |
| Brandverhalten (EN 13501-1): | B - s1, d0 |
| Schutzklasse: | II (Brandklasse A nach IEC 61703-2) |
Umsetzung im Pfaff-Quartier
Rote PV-Fassade in denkmalgeschütztem Umfeld
Im Pfaff-Quartier wird eine PV-Fassade mit MorphoColor®-Beschichtung an der Energiezentrale realisiert. Das Gebäude steht am Eingang des Geländes neben der Pforte und gegenüber dem Medizinischen Versorgungszentrum. Beide sind denkmalgeschützt, weswegen es wichtig war, ein architektonisch ansprechendes Gebäude zu schaffen, das sich ins historische Gebäudeumfeld integriert.
Mit den roten Fassadenplatten in der unteren Hälfte und den roten PV-Modulen in der oberen Hälfte der Süd-Ost- und der Süd-West-Fassade ist ein Baukörper geschaffen worden, der modern und zukunftsweisend ist und sich trotzdem gut in das Ensemble einfügt.
Somit demonstriert die Energiezentrale nicht nur eine effiziente Verteilung von Niedertemperaturwärme, sondern Dank der PV-Fassade auch eine nachhaltige und klimaneutrale Stromerzeugung im Pfaff-Quartier.
| PV-Solarfassade Energiezentrale | |
|---|---|
| Modulfläche Süd-Ost-Fassade | 37,2 m² (Leistung: 6,2 kWp) |
| Modulfläche Süd-West-Fassade | 22,9 m² (Leistung: 3,9 kWp) |
| Gesamt | 60,1 m² (Leistung: 10,1 kWp) |
Herausforderungen bei der Umsetzung
Von der Information bis zur Vergabe
Die Realisierung der MorphoColor®-PV-Fassade an der Energiezentrale war das Ergebnis eines langen Prozesses. Zum Zeitpunkt der Installation der PV-Fassade am Alten Verwaltungsgebäude standen die MorphoColor®-Module am Markt noch nicht zur Verfügung, dort wurden daher noch traditionelle farbige Module eingesetzt.
Erst durch den späteren Baubeginn der Energiezentrale wurde die Installation der zwischenzeitlich marktverfügbaren Modultechnologie möglich.
Ergebnisse
Durch die Informationen über farbige PV-Module konnte erreicht werden, dass von der Stadtplanung die Installation von PV-Fassadenanlagen trotz hohem gestalterischem Anspruch im Bebauungsplan und dem Gestaltungshandbuch zugelassen wurde.
Die Demonstration einer PV-Fassade mit MorphoColor®-Modulen an der Energiezentrale ist das Ergebnis eines langen Prozesses. Zum Zeitpunkt der Installation der PV-Fassade am Alten Verwaltungsgebäude standen die MorphoColor®-Module am Markt noch nicht zur Verfügung, weshalb dort traditionelle farbige Module eingesetzt wurden. Der späte Bau der Energiezentrale ermöglichte die Demonstration der zwischenzeitlich marktverfügbaren Technologie.
Das Fraunhofer ISE hat zur Realisierung der farbigen Fassade das Planungsbüro RBS wave in Bezug auf den BIPV-Planungsprozess und den Einsatz von MorphoColor®-Modulen beraten. Es fand eine Bemusterung und die Unterstützung bei der Beschaffung statt.
Im Vergabeprozess zeigte sich, dass es vorteilhaft ist, die Gewerke „Fassadenbau“ (Errichtung der Unterkonstruktion) und „Beschaffung und Montage der PV-Module sowie dazugehörige Elektroarbeiten“ getrennt auszuschreiben und zu vergeben.
Erkenntnisse
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Die Bereitstellung von farbigen und effizienten PV-Modulen ist die Voraussetzung, um eine hohe Akzeptanz für die Integration von PV-Modulen in Gebäudefassaden zu erreichen.
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Das Verständnis des Planungsprozesses von gebäudeintegrierten PV-Fassadenanlagen (BIPV) und den besonderen Anforderungen nach den Bauvorschriften ist wichtig für die Realisierung und das Gelingen von entsprechenden Bauprojekten.
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Mit den MorphoColor®-Modulen steht ein attraktives Bauprodukt für Gebäudefassaden am Markt zur Verfügung, das bezüglich der Modulgröße und der Farbigkeit eine hohe Flexibilität und eine hohe Effizienz in der Solarstromerzeugung bietet.
Weitere Infos
»Farbige PV-Module mit Fraunhofer ISE Patent erreichen Marktreife«
Pressemeldung Fraunhofer ISE vom 18.03.2023
»Gebäude in Eppingen bekommt rotes Solardach«
Pressemeldung Fraunhofer ISE vom 23.03.2023
»Bauwerkintegrierte Photovoltaik (BIPV): Aus der Nische zum Massenmarkt«
Fachartikel erschienen in: glasstec 2024, international trade fair for glass production, processing, products, 22.-23.09.2022
Innovative farbige und effiziente BIPV-Module ermöglichen eine ästhetische, bunte und vielfältige Gestaltbarkeit von Gebäudehüllen.
Autor: Dr.-Ing. Frank Ensslen, Fraunhofer ISE
Mitautor: Gerhard Stryi-Hipp, Fraunhofer ISE