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Mit der Energie-, Mobilitäts- und Entwässerungsinfrastruktur werden die entscheidenden Weichen für ein klimaneutrales Quartier gestellt. Sie muss deshalb entsprechend sorgfältig auf das Ziel Klimaneutralität und Klimaanpassung hin ausgerichtet werden.

Beschreibung

Die Infrastruktur von Quartieren wird grundlegend im Rahmen der Bebauungsplanerstellung festgelegt. Deshalb ist es wichtig, dass hierbei frühzeitig entsprechende Expertinnen und Experten eingebunden werden. Die Partner von EnStadt:Pfaff konnten die Entwicklung des Bebauungsplans für das Pfaff-Quartier von Beginn an bis zur Verabschiedung im Jahr 2020 eng begleiten. Die Erarbeitung von Energie-, Mobilitäts- und Digitalisierungskonzepten im Projekt ermöglichte eine fundierte Beratung. Folgende Infrastruktur-Lösungen werden im Quartier umgesetzt.

 

Wärme- und Kälteversorgung

Ein ausgereiftes Konzept für die klimaneutrale Wärme- und Kälteversorgung ist besonders wichtig, weil die verschiedenen Versorgungsoptionen zu unterschiedlichen Infrastrukturanforderungen führen. Beispielsweise erfordert eine zentrale Versorgung mit einem Wärmenetz, möglicherweise kombiniert mit einem Geothermie-Erdsondenfeld oder einem großen Quartierswasserspeicher eine ausreichend große Fläche. Diese ist bei einer dezentralen Wärmeerzeugung in den Gebäuden mit Wärmepumpen nicht erforderlich.

Im Pfaff-Quartier erfolgt die Wärmeversorgung über ein Niedertemperatur-Wärmenetz mit 60 °C Vorlauftemperatur aus dem Rücklauf der städtischen Fernwärme und die Abwärme aus den Kältemaschinen des MVZ wird in das Nahwärmenetz eingespeist. Die Nutzung weiterer Abwärmequellen im Quartier soll künftig möglich sein. Durch die Installation der Kältemaschinen auf dem Dach der Energiezentrale ist die Wärmeeinspeisung ortsnah möglich, allerdings musste eine Kälteleitung zum MVZ und eine Stromleitung zur Versorgung der Kältemaschinen zum MVZ-Parkhaus gelegt werden, um den Solarstrom als Eigenstrom nutzen zu können.

Eine zentrale Kälteversorgung über ein Kältenetz wurde untersucht, da allerdings der künftige Kältebedarf unbekannt ist, wurde dieses mangels Geschäftsmodell verworfen.

 

Stromversorgung

Die Stromversorgung von klimaneutralen Quartieren unterscheidet sich nicht grundsätzlich von traditionellen Quartieren. Allerdings muss ein steigender Strombedarf für die Elektromobilität berücksichtigt werden und das Auftreten von Einspeisespitzen, da die Pflicht besteht, auf allen Gebäuden Photovoltaikanlagen zu installieren. Dies erfordert mehr Trafostationen im Quartier, die im öffentlichen Raum Platz finden müssen. Die Erfahrung aus dem Pfaff-Quartier zeigt, dass der Bedarf an Trafostationen im frühen Stadium der Planung nur schwer einschätzbar ist und der Standort der ersten Stationen aus verschiedensten Gründen mehrfach verschoben werden musste. Daraus ergibt sich die Empfehlung, in der Raumplanung eine ausreichende Flexibilität für die Positionierung von Trafostationen zu gewährleisten.

 

Energiezentrale

Energiezentralen sind in Quartieren nicht zwingend erforderlich, sie ist nur dann wirtschaftlich, wenn zentrale Energiedienstleistungen bereitgestellt werden, beispielsweise bei einer Wärmeversorgung mit einem zentralem Wärmeerzeuger.

Im Pfaff-Quartier wurde eine Energiezentrale notwendig, weil die Wärmeversorgung aus dem Rücklauf der Fernwärme erfolgt, was die Einrichtung einer Heizzentrale mit Wärmetauscher und Pumpen für die Wärmeverteilung im Quartier erfordert. Da die Erstellung des Gebäudes erforderlich war, konnten weitere Funktionen wie die Installation der Kältemaschinen, die Demonstration der PV-Fassadenanlage und die Einrichtung des E-Mobil- und Batterielabor sinnvoll ergänzt werden.  

 

Mobilitätslösungen

Damit mehr Freiraum für die Menschen zur Verfügung gestellt werden kann, werden zunehmend autoarme Quartiere geplant. Im Pfaff-Quartier wurden hierzu die Parkplätze aus dem öffentlichen Raum in die Parkhäuser verschoben und durch Tempo 20 auf den Quartiersstraßen ein gutes Miteinander von Fußgängerinnen und Fußgängern, Fahrrädern und Pkws ermöglicht. Entsprechend wurden die Straßen und Wege und ein autofreier Platz im Bebauungsplan festgelegt. Weiter wurden die notwendigen Parkhäuser und Mobilitätsstationen vorgesehen, die eine gute Mobilität gewährleisten.

Wichtig ist die Planung einer ausreichenden E-Mobil-Ladeinfrastruktur, die unter anderem auch öffentliche Ladesäulen und Schnellladesäulen umfasst. Im EnStadt:Pfaff Projekt wird in der Energiezentrale auch das bidirektionale Laden untersucht, bei dem E-Fahrzeuge Strom aus ihrer Autobatterie in das Stromnetz einspeisen und somit das Stromnetz stabilisieren helfen. Im öffentlichen Raum sind E-Mobil-Ladesäulen geplant und die SWK sieht die Installation einer E-Mobil-Schnellladestation am Quartierseingang vor.

   

Gründächer und Entwässerung

Neben dem Klimaschutz wird zunehmend die Anpassung an den Klimawandel notwendig. Dies betrifft sowohl die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) gegenüber Starkregenereignissen, als auch Maßnahmen zur Vermeidung von Hitzeinseln in städtischen Gebieten.

Im Pfaff-Quartier wurde die Begrünung aller Flachdächer als Pflicht im Bebauungsplan aufgenommen um eine Retention (Wasserrückhaltung) bei Starkregen zu gewährleisten. Um das nur begrenzt aufnahmefähige Entwässerungssystem der Stadt nicht zu überfordern, wird zusätzlich zu den Gründächern auch ein großes unterirdisches Regenrückhaltebecken gebaut. Die Gründächer tragen ebenso wie die geplanten Bäume in den Straßen auch dazu bei, durch Verdunstung die lokalen Temperaturen zu reduzieren und damit eine Überhitzung zu vermeiden und sind damit eine wichtige Maßnahme zur Klimaanpassung.

 

Straßenbeleuchtung durch smarte Lichtmasten

Die Straßenbeleuchtung kann bedarfsgerecht gesteuert werden durch smarte Lichtmasten. Im Pfaff-Quartier werden diese im Eingangsbereich zwischen Energiezentrale und MVZ installiert und erprobt. Diese sind nicht nur individuell dimmbar, sondern auch in ihrer Farbtemperatur regelbar, um Insekten, Vögel und Fledermäuse zu schützen. Weiter werden in den Lichtmasten Sensoren zur Verkehrsüberwachung und Umweltsensoren installiert. Weitere Funktionalitäten wie z.B. die Bereitstellung von WLAN im Quartier sind möglich.

 

Digitale Dienstleistungen

Digitale Dienstleistungen im Quartier werden künftig auch als lokale Infrastruktur angesehen. So wurde in EnStadt:Pfaff eine digitale Plattform entwickelt, auf der künftig APPs von verschiedenen Anbietern laufen können, um z.B. Mobilitäts- oder Nachbarschaftsdienste anbieten und vermitteln zu können.

Umgesetzte Infrastruktur

  • Energiezentrale

  • Niedertemperatur-Wärmenetz

  • Erprobung von 8 smarten Lichtmasten

  • E-Mobil- und Batterielabors zur Erprobung von bidirektionalem Laden

  • Gründächer mit PV-Anlagen auf allen Flachdächern

  • Regenrückhaltebecken mit 3.500 m³ Speichervolumen

  • E-Mobil-Schnellladestation durch den Energieversorger SWK

Ergebnisse

Die Infrastruktur im Pfaff-Gelände konnte durch eine frühzeitige Einbeziehung von EnStadt:Pfaff in die Bebauungsplan-Erstellung im Sinne einer integrierten Planung erfolgreich auf die Anforderungen eines klimaneutralen Quartiers ausgerichtet werden. So werden nicht nur eine Energiezentrale und ein Wärmenetz gebaut, sondern auch Mobilitätstationen, Gründächer mit PV-Anlagen und E-Mobil-Ladeinfrastruktur.

Erkenntnisse

  • Für die Quartiersinfrastrukturen, die sehr unterschiedlich ausgestaltet werden können, wie z.B. die Wärmeversorgung, die Verkehrserschließung und die Entwässerung, sollten entsprechende Expertinnen und Experten frühzeitig in den Planungsprozess im Sinne einer integrierten Planung einbezogen werden. Dabei ist es wichtig, sich zuerst gemeinsam auf die Zielsetzung und ein damit verbundenes Leitbild zu einigen bzw. dieses vorzugeben, um die verschiedenen Infrastrukturen konsistent darauf ausrichten zu können.

  • Da die tatsächliche Nutzung des Mischgebiets und damit die Energie-, Mobilitäts-, Digitalisierungs-, Entwässerungs- und sonstige Bedarfe heute noch nicht bekannt sind bzw. die Erfahrungswerte größere Unsicherheiten aufweisen, sollte die Infrastrukturplanung Flexibilitäten für die Anpassung an veränderte Bedingungen bereitstellen.

Mit den Infrastrukturen in den Bereichen Energie und Mobilität werden die entscheidenden Weichen für ein klimaneutrales Quartier gestellt. Für die Klimaanpassung sind Entwässerung, Begrünung und Straßenraumgestaltung maßgebend. Beide Elemente sollten sich gut ergänzen.
Anne Theobald
Stadtentwässerung Kaiserslautern AöR

Hauptautor:
Gerhard Stryi-Hipp, Fraunhofer ISE

Mitautor:innen:
Bettina Dech-Pschorn, Diana Neubert, Stadt Kaiserslautern
Rainer Grüner, Pfaff-Enttwicklungsgesellschaft PEG
Anne Theobald, Stadtentwässerung Kaiserslautern STE
Rolo Fütterer, Hochschule Kaiserslautern
Frank Elberzhager, IESE