Mit dem Ziel, die beste Lösung für die klimaneutrale Energieversorgung des Pfaff-Quartiers zu finden, wurde ein Energiekonzept für das Quartier entwickelt. Hierbei wurden alle erdenklichen Versorgungsoptionen untersucht und ökonomisch wie ökologisch bewertet. Zunächst wurde der künftige Energiebedarf analysiert und das nutzbare Potenzial an Erneuerbaren Energien erhoben, unter anderem die Photovoltaik- und Solarthermiepotenziale, sowie Industrie-Abwärme und Abwasserwärme.
Energiekonzept Pfaff-Quartier
Vorgehensweise
Das Quartiersenergiekonzept wurde für die Sektoren Strom, Wärme, Kälte und Mobilität erstellt und zwar für den finalen Ausbauzustand des Quartiers ab dem Jahr 2029.
Aufgabe war es herauszufinden, ob und wie eine Versorgung mit lokalen, regenerativen Potenzialen aussehen könnte und welche Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden müssen.
Neben den zur Verfügung stehenden Standortpotenzialen haben nicht zuletzt die städtebauliche Rahmenplanung sowie die daraus resultierende Bebauungsplanung großen Einfluss auf das Konzept. Hier muss die Grundlage für ein modernes, effizientes und klimaneutrales Stadtquartier geschaffen werden.
Das Energiekonzept entstand parallel zur Erarbeitung des Bebauungsplans, so dass dort Optimierungsvorschläge für die städtebaulichen Fragestellungen in Bezug auf die Solarenergienutzung eingebracht werden konnten.
Dabei sprechen zahlreiche Argumente für die Entwicklung eines möglichst flexiblen Berechnungsmodells:
Vielfältige, veränderliche und teilweise ungewisse Nutzungsarten mit zum Teil sehr unterschiedlichen Bedarfsprofilen (Wohnen, Gewerbe, Handel, Dienstleistung),
die unterschiedliche Gebäudestruktur (Neubau und Bestandsgebäude, zum Teil unter Denkmalschutz),
teilweise konträre Ziele und strategische Vorstellungen verschiedener Akteure sowie eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Energiekonzeptes
Dies ermöglichte es auch, Lösungsansätze im Austausch mit dem Stadtplanungsamt und dem Quartiersentwickler PEG zu diskutieren und geänderte Konzeptausrichtungen zeitnah einzuarbeiten.
Um einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad mit lokalen erneuerbaren Energien zu erreichen, wurden die Möglichkeiten untersucht, den Energiebedarf im Quartier möglichst gering zu halten und die verfügbaren Flächen zur Gewinnung von erneuerbaren Energien möglichst umfangreich zu nutzen.
Die vorgegebene städtebauliche Rahmenplanung wurde auf Optimierungspotenziale hin untersucht, zudem wurden Maßnahmen zur Energie- bzw. Wärmebedarfseinsparung sowie Potenzialerhöhung (insbesondere Solarenergie) vorgeschlagen, beispielsweise die Optimierung des AV-Verhältnisses, der Gebäude- und Dachflächenausrichtung und die Reduzierung von gegenseitigen Verschattungen von Gebäuden.
Auf Grundlage der weiterentwickelten städtebaulichen Planung wurden schließlich die Energiebedarfe berechnet und das Potenzial erneuerbarer Energien (insbesondere das Solarpotenzial) im Quartier ermittelt.
Mit simulierten Stromlastprofilen für ein Jahr und berechneten Solarstromerzeugungsprofilen wurden die möglichen Deckungsbeiträge der Photovoltaik-Anlagen berechnet.
Auf dieser Basis wurden schließlich Wärmeversorgungsszenarien gerechnet, mit denen sich das Ziel der Klimaneutralität möglichst kostengünstig und zuverlässig erreichen lässt.
Folgende Versorgungsvarianten wurden untersucht:
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Variante 1: Fernwärme (Referenzvariante, nicht klimaneutral)
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Variante 2: Luft-Wasser-Wärmepumpen mit Solarthermie
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Variante 3: Abwasserwärme, Solarthermie, Saisonwärmespeicher
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Variante 4: Industrie-Abwärme
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Variante 5: Solarthermie, Abwasserwärme, Großwärmespeicher, Fernwärme (Backup)
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Variante 6: Kalte Nahwärme (gespeist aus Abwasserwärme und Rücklauf Fernwärme)
Wirtschaftlichkeit
Investitions- und Jahreskosten für unterschiedliche Versorgungsvarianten (Bezugsjahr 2029)
Die Berechnungen wurden im März 2019 abgeschlossen. Die zwischenzeitlich erfolgten Energiepreissteigerungen durch die Corona-Pandemie, die kriegsbedingte Energiekrise, die hohe Inflation und die gestiegenen Fremdkapitalzinsen sind darin nicht berücksichtigt.
Ergebnis
Potenzialermittlung
Photovoltaik
Das Photovoltaik-Potenzial beträgt in Kombination mit den erforderlichen Gründächern etwa 3.600 MWh/a. Somit könnte rechnerisch die Hälfte des prognostizierten Quartier-Strombedarfs solar gedeckt werden.
Grundwassersanierungsanlage
Auf dem Pfaff-Areal befindet sich eine Grundwassersanierungsanlage, deren Abwärme mit Hilfe einer Wärmepumpe, Wärmeleistung ca. 50 kWth, genutzt werden könnte. Das Energiepotenzial wäre im Verhältnis zum Gesamtenergiebedarf im Quartier vernachlässigbar gering.
Abwasserwärme
Auch der Abwasserkanal in der neben dem Pfaff-Quartier verlaufenden Königstraße steht theoretisch als Energiequelle zur Verfügung. Die Abwasserwärme könnte mit einer 450 kW Wärmepumpe insgesamt ca. 1.000 MWh/a Wärme bereitstellen. Das entspricht etwa 15 % des Heizwärmebedarfs im Quartier.
Industrielle Abwärme
Auch die Nutzbarkeit der Abwärme aus der 400 m entfernt gelegenen Gießerei ACO Guss (Wärmeauskopplung aus dem Schmelzprozess) wurde untersucht. Die Berechnungen ergaben ein Abwärmepotenzial von etwa 2 MW.
Aufgrund des chargenweisen Schmelzbetriebes und den Stillstandzeiten am Wochenende wurde eine nutzbare Wärmemenge von etwa 2.500 MWh/a errechnet (ca. 40 % des Gesamtwärmebedarfs). Zur teilweisen Überbrückung der Stillstandzeiten wäre ein Wärmespeicher erforderlich.
Im Rahmen einer weiteren Untersuchung bezüglich dem verfügbaren Temperaturniveau, der Leitungsführung und sowie den wirtschaftlichen und die vertraglichen Fragestellungen wurde die verfügbare Abwärmemenge nochmals gemessen. Dabei zeigte sich, dass die vorige, aus einer älteren Messung stammende Wärmemenge in der Praxis nicht wie erwartet zur Verfügung stehen würde und die verfügbare Abwärme weniger als 30 % an der Wärmeversorgung im Quartier beitragen würde. Vor dem Hintergrund der damit verbundenen erhöhten Wärmekosten wurde von der Nutzung der Industrieabwärme abgesehen.
Entscheidung
Auf Empfehlung der Forschergruppe EnStadt:Pfaff entschied sich der Stadtrat Kaiserslautern schließlich, das Wärmenetz im Pfaff-Quartier als Niedertemperaturnetz mit ca. 60 °C Vorlauftemperatur auszuführen, das Pfaff-Quartier hauptsächlich aus dem Rücklauf der städtischen Fernwärme zu versorgen und im Gelände die dezentrale Einspeisung von Abwärme vorzusehen. Als Demonstrator wurde die Einspeisung der Abwärme aus einer Kältemaschine des MVZ eingeplant.
Erkenntnisse
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Im Planungsprozess von klimaneutralen Stadtquartieren sollte der erwartete Energieverbrauch möglichst gering gehalten und die erneuerbaren Energien-Potenziale möglichst umfangreich genutzt werden. Hierurch lässt sich ein möglichst hoher Selbstversorgungsgrad mit erneuerbaren Energien erreichen. Eine hohe Gebäudeenergieeffizienz ist deshalb von Vorteil.
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Die Erstellung des Energiekonzepts sollte parallel zur städtebaulichen Planung erfolgen, um möglichst früh günstige Voraussetzungen für ein effizientes Quartier zu schaffen und erforderliche Flächen für die Energiegewinnung und -speicherung bereitstellen zu können.
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Energiepreisprognosen sind mit Unsicherheiten behaftet. Wie stark und schnell sich die Werte ändern können, hat die Energiekrise aufgrund des Krieges in der Ukraine gezeigt. Kostenanalysen sollten daher immer mögliche Preisrisiken berücksichtigen und die Resilienz der verschiedenen Lösungen mitbewerten.
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Bei der Wahl von Versorgungsvarianten spielen neben technischen und ökonomischen Gründen meist auch städtebauliche, politische, unternehmerische oder persönliche Gründe eine Rolle. Um eine möglichst fachlich fundierte und breit akzeptierte Lösung zu erreichen ist eine rechtzeitige Abstimmung mit allen relevanten Akteuren sinnvoll.
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Im Planungsprozess von klimaneutralen Stadtquartieren sollte der erwartete Energieverbrauch möglichst gering gehalten und die erneuerbaren Energien-Potenziale möglichst umfangreich genutzt werden. Hierurch lässt sich ein möglichst hoher Selbstversorgungsgrad mit erneuerbaren Energien erreichen. Eine hohe Gebäudeenergieeffizienz ist deshalb von Vorteil.
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Die Erstellung des Energiekonzepts sollte parallel zur städtebaulichen Planung erfolgen, um möglichst früh günstige Voraussetzungen für ein effizientes Quartier zu schaffen und erforderliche Flächen für die Energiegewinnung und -speicherung bereitstellen zu können.
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Energiepreisprognosen sind mit Unsicherheiten behaftet. Wie stark und schnell sich die Werte ändern können, hat die Energiekrise aufgrund des Krieges in der Ukraine gezeigt. Kostenanalysen sollten daher immer mögliche Preisrisiken berücksichtigen und die Resilienz der verschiedenen Lösungen mitbewerten.
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Bei der Wahl von Versorgungsvarianten spielen neben technischen und ökonomischen Gründen meist auch städtebauliche, politische, unternehmerische oder persönliche Gründe eine Rolle. Um eine möglichst fachlich fundierte und breit akzeptierte Lösung zu erreichen ist eine rechtzeitige Abstimmung mit allen relevanten Akteuren sinnvoll.
Links
Solarleitfaden
Link
Die Planung klimaneutraler Stadtquartiere beginnt bereits mit dem Entwurf der städtebaulichen Rahmenplanung. Hier gilt es, die Energiebedarfe durch städtebauliche Vorgaben möglichst gering zu halten und die Potenzialflächen für erneuerbare Energien möglichst auszuschöpfen.